Krafttraining bei Kindern
Die Ansicht, dass Krafttraining für Kinder schädlich sei, hält sich nach wie vor hartnäckig. In Fitnessstudios wird Jugendlichen das Training zumeist nicht erlaubt. Höchste Zeit für mich die Studienlage zum Thema Krafttraining im Kindes- und Jugendalter näher unter die Lupe zu nehmen.
Einleitung
Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen wird im Allgemeinen recht kritisch betrachtet. Gerne wird behauptet, dass es bei Kindern zu einem verminderten Größenwachstum führen könne oder gar schlecht für die noch nicht stark genug ausgebildeten Knochen sei. Zudem wäre Krafttraining ohnehin nicht sinnvoll, da die hormonelle Lage von Kindern einen Muskelaufbau gar nicht zulasse. Ist Krafttraining also schädlich für Kinder und was ist dran an diesen Behauptungen?
Studienlage
Im Jahr 1999 führten Faigenbaum et al. eine Studie durch, bei der die Auswirkungen von Krafttraining bei Kindern zwischen 5 und 12 Jahren untersucht wurden. Die Kinder wurden in drei Gruppen unterteilt, wobei eine Gruppe mit niedrigen Wiederholungszahlen (6-8) und hohem Gewicht trainierte, die andere Gruppe mit höheren Wiederholungszahlen (12-15) mit leichterem Gewicht. Die Kontrollgruppe führte kein Krafttraining durch. Die Trainings wurden über einen Zeitraum von insgesamt acht Wochen, zwei Mal wöchentlich durchgeführt. In den Ergebnissen zeigte sich, dass beide trainierenden Gruppen sowohl Maximalkraft, als auch Kraftausdauer signifikant steigern konnten, wobei die besseren Ergebnisse in der Gruppe mit höheren Wiederholungszahlen zu finden waren.
Malina et al. postulierten 2006, dass das Krafttraining mit präpubertären Kindern zu keiner Erhöhung des Muskelquerschnitts führt. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass der Kraftzuwachs bei Kindern einerseits durch eine verbesserte intramuskuläre Koordination zustande kommt, dass sich allerdings nur ein Teil des Kraftgewinns darauf zurückführen lässt. Der andere könnte aufgrund eines verbesserten intermuskulären Zusammenspiels zustande kommen.
Die Frage der Effizienz des Krafttrainings im präpubertären Alter wurde von Westcott et al. (1979), sowie Pfeiffer und Francis (1986) untersucht. So ist laut den Untersuchungen der relative Kraftzuwachs im präpubertären Alter vergleichbar mit dem in der Adoleszenz beziehungsweise dem Erwachsenenalter, wenn nicht sogar etwas höher.
Bezüglich der Häufigkeit des Trainings zeigten Blimkie et al. (1989), dass ein Erhaltungstraining von einmal wöchentlich das Kraftniveau nicht aufrechterhält, sondern es laut Faigenbaum et al. (2002) einem zweimal wöchentlichen Trainings bedarf.
Ob das Krafttraining sich positiv auf die Knochenfestigkeit auswirkt, kann laut einem Review von Menzi et al. aus dem Jahr 2007 nicht mit Sicherheit behauptet werden, da die wenigen Studien, die dazu vorhanden sind, qualitativ unzureichend sind, um eine sichere Aussage diesbezüglich zu treffen.
Bleibt noch die vielgefürchtete Frage der Verletzungsgefahr offen. Eine Übersichtsarbeit von Malina et al. (2006) verdeutlicht, dass das Risiko für Verletzungen beim Krafttraining von Kindern und Jugendlichen sehr gering ist und es bei keiner der ProbandInnen in den 10 durchgeführten Studien zu einer schwerwiegenden Verletzung gekommen ist.
Schlussfolgerung
Anhand der Studienlage lässt sich also ganz klar sagen, dass Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen effektiv und auch sinnvoll ist. Es ist in keinster Weise schädlich oder gefährlich, sofern das Training an das Leistungsniveau angepasst, korrekt angeleitet, sowie ausgeführt wird. Eltern schicken ihre Kinder selten ins Fußballtraining mit der primären Sorge, dass sich das Kind dabei verletzen könnte, wobei ich unterstellen würde, dass das Verletzungrisiko in einer solchen Sportart um ein Vielfaches höher ist.
Krafttraining sollte für Kinder im breiten- als auch im leistungssportlichen Bereich ein fixer Bestandteil sein, sobald ein Kind die emotionale Reife besitzt die Anleitungen umzusetzen. Hier ist das Training mit einer tendenziell höheren Wiederholungszahl und moderatem Gewicht dem Maximalkrafttraining klar vorzuziehen.
Dementsprechend ist außerdem zu beachten, dass Kinder auf jeden Fall unter sachgemäßer Anleitung trainieren sollten, denn Krafttraining ist nur sicher bei korrekter Technik. Das Gerätetraining in Fitnessstudios eignet sich freilich erst, wenn eine gewisse Körpergröße erreicht ist, da die Geräte in der Regel auf Erwachsene abgestimmt sind. Zuvor sind Eigengewichtsübungen, Kleingeräte wie Medizinbälle oder Gewichtssäcke und natürlich auch Freihanteln geeigneter.
Quellen:
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