Weg mit dem Speck

18.06.2020

Welches Training eignet sich am besten zur Reduktion von Körperfett? Das ist wohl DER Dauerbrenner in Fitnessfragen. Und die Empfehlungen, über die man auf der Suche nach Antworten stolpert, sind teilweise sehr unterschiedlich. Also ist es wohl höchste Zeit sich dem Thema anhand von Fakten zu nähern.

© Billion Photos/Shutterstock.com
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Einleitung & Definition

Laut Banzer et al. (2017) entsteht Übergewicht in den meisten Fällen aus einer Kombination aus erhöhter Kalorienzufuhr über die Nahrung und verminderter Kalorienverbrennung durch körperliche Aktivität.

Der Grundumsatz ist jene Energie, die zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen unter Ruhebedingungen benötigt wird. Der Leistungsumsatz beschreibt den Energieaufwand unter körperlicher Aktivität.

Der tägliche individuelle Gesamtenergieumsatz wird vorrangig über den Leistungsumsatz variiert. Der Grundumsatz korreliert eng mit der vorhandenen Muskelmasse. Somit bedeutet eine Erhöhung der Muskelmasse in der Regel auch eine Erhöhung des Grundumsatzes.

Studienlage

Sportliches Training ist per definitionem strukturiert, geplant, wiederholt und zielgerichtet. Alltagsaktivitäten wie Hausarbeit, Spazierengehen oder Treppensteigen tragen zum Aktivitätsumsatz bei, können jedoch nicht als Sport bezeichnet werden. (Bijnen et al. 1996)

Somit stellt sich die Grundsatzfrage, ob eine Gewichtsreduktion über eine messbare Steigerung der Fitness und Leistungsfähigkeit zu erfolgen hat, oder schlicht auf die Erhöhung des Aktivitätsumsatzes abzielen sollte. Laut Banzer et al. (2017) dürfte in Hinblick auf die Gewichtsreduktion kurzfristig sicher die Kalorienbilanz entscheidender sein, als eine Verbesserung der Fitness.

Von Bedeutung ist jedoch, wie Untersuchungen zeigen, auch der Funktions- bzw. Trainingszustand der Muskulatur. So untersuchten Kim et al. (2002), als auch Holloway et al. (2009) die Fähigkeit zur Fettoxidation bei übergewichtigen im Vergleich zu schlanken Personen und fanden heraus, dass die Erhöhung der Mitochondrienmasse im Skelettmuskel positiv mit der Fähigkeit zur Oxidation von Fettsäuren korreliert und sich damit positiv auf die Gewichtsentwicklung auswirkt.

Laut Tomasits et al. (2016) reagiert der oxidative Energiestoffwechsel beim Ausdauertraining mit einer Vergrößerung und Vermehrung der Mitochondrien. Eine geringe Mitochondrienmasse hängt zumeist mit einem zu niedrigen Trainingsniveau im Grundlagenausdauerbereich zusammen. Die Grundlagenausdauer wird im extensiv-aeroben Ausdauerbereich trainiert, das bedeutet durch Erhöhung der Trainingszeit bei niedrigen Intensitäten.

Wewege et al. untersuchten 2017 in ihrer Meta-Analyse 13 Studien zum Thema hoch intensives vs. moderat intensives Training bei Übergewichtigen und kamen zu dem Schluss, dass sich High Intensity Intervall Training (HIIT) positiv auf die Körperzusammensetzung auswirkt und aufgrund der Zeiteffizienz durchaus ein Rolle bei Trainingsprogrammen zur Gewichtsreduktion spielen kann.

In den Empfehlungen der interdisziplinären Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas" wird Krafttraining eher nicht zur Gewichtsreduktion empfohlen. Diese Sichtweise sollte jedoch aufgrund der aktuellen Studienlage dringend hinterfragt werden. Mehrere Arbeiten, darunter Sanal et al. (2013) oder Ho et al. (2012), sowie eine Meta-Analyse von Schwingshackl et al. aus 2013, welche 15 Studien inkludiert, sind sich einig, dass kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining zur Prävention und Reduktion von Übergewicht am geeignetsten ist.

Ergebnis

Vereinfacht betrachtet ist zur Gewichtsreduktion eine negative Energiebilanz herzustellen. Das bedeutet, dass mehr Kalorien durch Aktivität verbraucht werden, als durch Nahrung zugeführt oder im Umkehrschluss weniger Kalorien zugeführt, als verbraucht werden.

Betrachtet man jedoch die Effekte der einzelnen Trainingsmodalitäten genauer, so ist der langfristige Erfolg durch eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining zu favorisieren. Beim Grundlagenausdauertraining mit niedrigen Intensitäten kommt es zu Stoffwechselanpassungen, die sich günstig auf die Verbrennung von Fettsäuren und das  damit einhergehende langfristige Gewichtsmanagement auswirken. Hochintensives Ausdauerdauertraining (HIIT) kann dazu ergänzend, u.a. aufgrund der optimalen Zeiteffizienz, genutzt werden. 

Die Kombination von Ausdauertraining und einer Erhöhung der Muskelmasse im Rahmen eines Krafttrainings zeigte in sämtlichen zitierten Studien die besten Ergebnisse in Bezug auf die Körperzusammensetzung.

Daher ist es meiner Ansicht nach als sehr kritisch zu betrachten, dass von vielen Insitutitionen/TrainerInnen/etc., u.a. sogar den medizinischen Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas, nach wie vor reines Ausdauertraining empfohlen wird.


Quellen

Banzer W. Körperliche Aktivität und Gesundheit, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2017

Bijnen FC, Feskens EJ, Caspersen CJ, et al. Physical activity and cardiovascular risk factors among elderly men in Finland, Italy, and the Netherlands. Am J Epidemiol. 1996;143(6):553-561. doi:10.1093/oxfordjournals.aje.a008785

Ho SS, Dhaliwal SS, Hills AP, Pal S. The effect of 12 weeks of aerobic, resistance or combination exercise training on cardiovascular risk factors in the overweight and obese in a randomized trial. BMC Public Health. 2012;12:704. Published 2012 Aug 28. doi:10.1186/1471-2458-12-704

Holloway GP, Bonen A, Spriet LL. Regulation of skeletal muscle mitochondrial fatty acid metabolism in lean and obese individuals. Am J Clin Nutr. 2009;89(1):455S-62S.

https://www.adipositas-gesellschaft.de/fileadmin/PDF/Leitlinien/S3_Adipositas_Praevention_Therapie_2014.pdf, letzter Zugriff 18.6.2020

Kim JY, Hickner RC, Cortright RL, Dohm GL, Houmard JA. Lipid oxidation is reduced in obese human skeletal muscle. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2000;279(5):E1039-E1044.

Lundby C, Jacobs RA. Adaptations of skeletal muscle mitochondria to exercise training. Exp Physiol. 2016;101(1):17-22.

Sanal E, Ardic F, Kirac S. Effects of aerobic or combined aerobic resistance exercise on body composition in overweight and obese adults: gender differences. A randomized intervention study. Eur J Phys Rehabil Med. 2013;49(1):1-11.

Schwingshackl L, Dias S, Strasser B, Hoffmann G. Impact of different training modalities on anthropometric and metabolic characteristics in overweight/obese subjects: a systematic review and network meta-analysis. PLoS One. 2013;8(12):e82853. Published 2013 Dec 17.

Tomasits J, Haber P, Leistungsphysiologie, 5. Auflage, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2016

Wewege M, van den Berg R, Ward RE, Keech A. The effects of high-intensity interval training vs. moderate-intensity continuous training on body composition in overweight and obese adults: a systematic review and meta-analysis. Obes Rev. 2017;18(6)