All About Krafttraining

25.03.2021

Die Skelettmuskulatur spielt nicht nur eine entscheidende Rolle im Stoffwechsel, sondern auch bei der funktionalen Gesundheit und Erhalt der Selbständigkeit im Alter. Das Krafttraining befindet sich zwar seit einigen Jahren im Vormarsch, wird aber, oftmals gerade von jenen Gruppen, die sehr davon profitieren würden, immer noch mit Skepsis und Vorurteilen betrachtet.

Wer an Kraftsport denkt, dem kommen häufig Bilder von eingeölten Männern mit Muskelbergen und Frauen, die als solche kaum noch zu erkennen sind, in den Sinn. Krafttraining war viele Jahre etwas für eine kleine Randgruppe von Bodybuildern, die einer sehr eigenen Vorstellung vom Schönheitsideal folgten und keineswegs etwas für Jedermann und -frau. Dieses Image hat sich glücklicherweise zunehmend geändert und man erkannte die zahlreichen positiven gesundheitlichen Auswirkungen des Krafttrainings. Dennoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade Frauen und ältere Personen häufig der Meinung sind, Krafttraining wäre nichts für sie. Sätze wie "Das ist etwas für junge Leute", "Ich möchte mich mit schweren Gewichtern nicht verletzen", "Ich möchte keine Muskeln haben" bekomme ich nach wie vor häufig zu hören. Also möchte ich dies zum Anlass nehmen einen kleinen Aufklärungsbeitrag zum Thema Krafttraining zu leisten.

Grundlagen

Die Erscheinungsformen der Kraft werden aufgeteilt in Maximalkraft, Schnellkraft, Kraftausdauer und Reaktivkraft.

Das Einwiederholungsmaximu (EWM) ist jenes Gewicht, welches gerade einmal bewältigt werden kann. Die Maximalkraft ist vor allem vom funktionellen Querschnitt des Muskels abhängig (= Querschnitt durch alle Muskelfasern). Die Kraft korreliert eng mit dem Körpergewicht, das bedeutet, dass schwere Personen kräftiger sind als leichte, bezogen auf die Absolutkraft. So sind Kugelstoßer meist groß und schwer. Turner hingegen benötigen eine hohe Relativkraft, das heißt, die Kraft in Bezug auf ihr eigenes Körpergewicht ist entscheidend. Daher ist es ein Vorteil eher klein und leicht zu sein.

Schnellkraft ist die Fähigkeit möglichst viel Kraft in kurzer Zeit zu produzieren. Man könnte meinen so etwas wäre nur im Spitzensport von Bedeutung, jedoch benötigen wir diese Fähigkeit ebenso, wenn wir beispielsweise stolpern und einen Schutzschritt zur Vermeidung eines Sturzes machen.

Kraftausdauer ist die Fähigkeit sich wiederholende Belastungen (30-50 % der Maximalkraft) über einen längeren Zeitraum auszuüben. Sie ist abhängig von der Maximalkraft und der Ermüdungswiderstandsfähigkeit.

Reaktivkraft bezeichnet die Fähigkeit aus einer abbremsenden (exzentrischen) Bewegung heraus in kürzester Zeit einen möglichst hohen Kraftstoß zu produzieren. Sie ist eine Sonderform der Schnellkraft.

Bedeutung im Alltag

Wir benötigen Muskelkraft um Bewegungen auszuführen, aber auch um Positionen zu halten. Ist die Muskulatur abgeschwächt, kann es schnell zur Überforderung kommen und dies kann beispielsweise zu den wohlbekannten Schmerzen in Schultern, Nacken und Rücken führen. Ein gutes Muskelkorsett erlaubt das sichere Führen eines Gelenks. Auch nach einer erfolgten Operation ist dies Voraussetzung für eine optimale Funktionalität und Schmerzfreiheit. Neben der verminderten Gelenkssicherheit führt reduzierte Kraft aber auch zu weniger Standsicherheit, Mobilität und Bewegungsschnelligkeit, was sich negativ auf das Sturzrisiko auswirkt. Muskeln dienen als Stoßdämpfer für darunter liegende Gewebe, sie üben Zug und Druck auf den Knochen aus, was wiederum die Knochenbildung anregt. Aus all diesen Effekten lässt sich schon schließen wie wichtig Muskelkraft im Alltag und vor allem auch im Alter ist.

Die Muskelkraft erreicht zwischen dem 20. Und 30. Lebensjahr ihren Höhepunkt. Bis zum 50. Lebensjahr nimmt sie nur wenig ab, ab dann verliert man pro Dekade etwa 12-15 % an Muskelkraft. Dies ist einerseits Folge des vermehrten Abbaus, aber auch der verminderten Beanspruchung.

Krafttraining in der Praxis


Hypertrophie

Als Anpassungsvorgang auf Krafttraining reagiert der Muskel mit Wachstum einer Muskelzelle, die Gesamtanzahl der Zellen bleibt jedoch im Wesentlichen unverändert. Dies nennt man Hypertrophie. Maß für die Intensität des Trainings ist immer das EWM. Die minimale Intensität für untrainierte Personen ist 40 % des EWM. Geringere Belastungsintensitäten lösen keine Hypertrophie aus. Die angemessene Intensität für Muskelaufbautraining ist 50-80 % des EWM. Die vollständige Muskelerschöpfung ist Voraussetzung für die Hypertrophie. Die letzte Wiederholung ist also erreicht, wenn eine weitere nicht mehr vollständig durchgeführt werden kann. Klassischerweise befinden wir uns hier in einem Wiederholungsbereich von 3 Sätzen zu je 8-15 Wiederholungen.

Intramuskuläre Synchronisation

In den ersten Wochen nach Beginn eines Krafttrainings ist die Kraftzunahme vor allem auf die verbesserte intramuskuläre Synchronisation zurückzuführen. Die Synchronisation ist eine Leistung des zentralen Nervensystems und beschreibt die Anzahl an motorischen Einheiten, die gleichzeitig aktiviert werden können. Bei Untrainierten liegt diese bei etwa 35-40 %, bei Hochtrainierten kann sie auf bis zu 90 % gesteigert werden. 

Kraftausdauer

Bei einer geringeren Intensität mit mehr als 15 Wiederholungen pro Satz befinden wir uns im Kraftausdauerbereich. Da die Intensität zumeist zu gering ist, wird kein nennenswertes Wachstum der Muskulatur erreicht. Kraftausdauertraining ergibt lediglich im Hinblick auf spezielle Anforderungen Sinn und sollte auch dementsprechend sportartspezifisch trainiert werden, z.B. Beintraining für Skifahrer.

Maximalkraft

Mit einer sehr hohen Intensität von 85-95 % des EWM und einer geringen Wiederholungsanzahl von 1-5 pro Satz wird die Maximalkraft trainiert. Im Freizeit- und Gesundheitssport ist diese Form des Trainings jedoch meistens von untergeordneter Bedeutung.

Fazit

Krafttraining ist gerade für jene Gruppen, die es gerne vernachlässigen, sprich Hobbysportler, Frauen und ältere Personen, von großer Bedeutung. Die zahlreichen positiven Effekte wie Verletzungsprophylaxe, Erhalt der Muskelmasse und der Selbständigkeit im Alter, sowie die positiven Auswirkungen auf Stoffwechsel und Figur liegen auf der Hand.

Die immer noch gängige Praxis in Bauch Beine Po Kursen & Co, ein Training so gut wie ausschließlich im Kraftausdauerbereich durchzuführen, ist dabei stark in Frage zu stellen. Ebenso gilt es den Trainierenden zu vermitteln, dass ein Muskelwachstum nur bei ausreichender Intensität und Training bis zur Erschöpfung des Muskels stattfindet.

Richtig ausgeführtes Krafttraining sollte somit in einem ausgewogenen Trainingsplan, auch für Freizeitsportler, auf keinen Fall fehlen. Die regelmäßige Supervision durch eine/n Trainer/in ist empfehlenswert, um Verletzungen und Fehlbelastungen durch eine schlechte Technik vorzubeugen.


Quellen:

Banzer W. Körperliche Aktivität und Gesundheit, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2017

Tomasits J, Haber P, Leistungsphysiologie, 5. Auflage, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2016