Faszination Faszientraining

17.06.2020

Die Selbstmassage mit der Rolle erlebte unlängst einen kometenhaften Aufstieg und soll laut Men's Health zahlreiche positive Effekte mit sich bringen, wie die Zunahme der Beweglichkeit, Vorbeugung von Verletzungen, Linderung von Schmerzen, Steigerung der Leistungsfähigkeit, ja sogar jung soll es halten. Wundertraining oder Wunschvorstellung?

© Pixabay/StockSnap
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Definition und Methode

Beim Faszientraining wird das gewünschte Körperareal auf einer Hartschaumrolle, dem Foam Roller, platziert und mittels Druck durch das eigene Körpergewicht massiert.

Nach der Definition von Schleip et al. (2012) sind alle kollagen-faserigen Bindegewebe zu den Faszien zu zählen, die im Körper zur Übertragung von Spannungskräften beitragen. Das wären beispielsweise Sehen, Bändern, Gelenk- und Organkapseln, die Muskelhülle oder auch die Knochenhaut.

Studienlage

Zum Thema Gelenkbeweglichkeit, Schnell- und Maximalkraft gibt es einige aktuelle Studien. Bei MacDonald et al. (2013) wurden die unmittelbaren Effekte einer einmaligen Foam-Roller-Anwendung am Oberschenkelmuskel auf die Beweglichkeit des Kniegelenks, sowie die isometrische Maximalkraft und den Aktivierungsgrad der kniestreckenden Muskulatur untersucht. Untersucht wurden 11 gesunde, körperlich aktive Probanden. Es zeigte sich eine signifikante Steigerung der Beweglichkeit des Kniegelenks 2 Minuten und 10 Minuten nach der Intervention. Bezüglich der Maximalkraft, Kraftentwicklung und Muskelaktivität ergaben sich keine Veränderungen.

Junker et al. (2015) verglichen in ihrer Studie bei 40 gesunden Freizeitsportlern die Auswirkungen eines mehrmaligen Foam Rolling mit PNF-Stretching und keiner Intervention. Der Interventionszeitraum umfasste 4 Wochen mit drei mal wöchentlichen Anwendungen von vorgegebenen Muskelgruppen. Hier zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Beweglichkeit bei der Foam-Rolling- und Stretching-Gruppe im Vergleich zur Non-Intervention-Gruppe (stand and reach test Foam Rolling: +3 cm, Stretching + 4 cm, Kontrolle: + 0,4 cm). Hierbei sei allerdings erwähnt, dass die Testung direkt nach der letzten Intervention stattfand, somit können leider keine Aussagen über allfällige Langzeiteffekte getroffen werden.

Es existiert eine weitere Studie von Behara et al. (2017), in welcher 14 College-Footballer untersucht wurden. Hier wurde das Foam Rolling mit dynamischem Stretching und keiner Intervention verglichen. Hier zeigte eine signifikante Steigerung der Hüftgelenksbeweglichkeit nach Foam Rolling (+15,6°) und Stretching (+19,9°). Bezüglich der Sprungkraft und Maximalkraft von Kniestreckern und -beugern konnten keine signifikanten Veränderungen beobachtet werden.

Eine Studie von MacDonald et al. (2014) befasste sich mit den Effekten des Foam Rolling auf Muskelkater. Bei 20 Probanden wurde Muskelkater mittels einer standardisierten Kniebeugenbelastung induziert. Die Variablen Schmerzintensität, Sprungkraft, isometrische Maximalkraft bei Beinstreckung, Beweglichkeit bei Hüft- und Kniebeugung, sowie neuromuskulärer Aktivierungsgrad der Kniestrecker wurden zu definierten Zeitpunkten verglichen. Die Interventionsgruppe (Foam Rolling Gruppe) zeigte zu allen Messpunkten (direkt nach Belastung, 24 h später, 48 h später) eine niedrigere Schmerzintensität und ein höheres Bewegungsausmaß. Ebenso war die Sprungleistung 24 und 48 h nach Belastung höher, jedoch nicht mehr nach 72 h. Die isometrische Maximalkraft unterschied sich zwischen den Gruppen nicht signifikant.

Ähnliche Ergebnisse bezüglich der Auswirkungen auf Regeneration und Muskelkater fanden sich auch bei Pearcey et al. (2015).

Ergebnis

Die aktuelle Studienlage spricht dafür, dass das Faszientraining mit der Rolle einen positiven Effekt auf die Gelenkbeweglichkeit hat. Hier sei allerdings kritisch zu erwähnen, dass sich die untersuchten Effekte bis zu 10 Minuten nach der Anwendung präsentierten, somit die Frage nach chronischen Effekten nach wie vor nicht beantwortet ist. 

Positive Effekte zeigten sich zudem in mehreren Studien auch hinsichtlich des Regenerationsverlaufes, beziehungsweise der Schmerzintensität bei Muskelkater. Diese Ansicht teilen auch Hughes et al. (2019), die in ihrem systematischen Review insgesamt 22 Studien zum Thema Faszientraining untersuchten.

Da in die gefundenen Studien ausschließlich gesunde Probanden eingeschlossen wurden, lassen sich zudem keine Aussagen betreffend der postulierten therapeutischen Effekte des Faszientrainings machen. Auch die übrigen angepriesenen Effekte lassen sich anhand der vorliegenden Studien nicht bestätigen.

Zudem sollte die Aussagekraft der vorhandenen Studien aufgrund der geringen Stichprobenumfänge generell als eingeschränkt betrachtet werden.


Quellen

https://www.menshealth.de/krafttraining/mehr-beweglichkeit-weniger-schmerzen-das-bringt-faszientraining-wirklich/#beweglicher, letzter Zugriff 17.6.2020

Banzer W. Körperliche Aktivität und Gesundheit, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2017

Behara B, Jacobson BH. Acute Effects of Deep Tissue Foam Folling and Dynamic Stretching on Muscular Strength, Power, and Flexibility in Division I Linemen. J Strength Cond Res 2017; 31(4):888-892.

Hughes GA, Ramer LM. DURATION OF MYOFASCIAL ROLLING FOR OPTIMAL RECOVERY, RANGE OF MOTION, AND PERFORMANCE: A SYSTEMATIC REVIEW OF THE LITERATURE. Int J Sports Phys Ther. 2019;14(6):845-859.

Junker DH, Stöggl TL. The Foam Roll as a Tool to Improve Hamstring Flexibility. J Strength Cond Res. 2015; 29(12):3480-3485.

MacDonald GZ, Penney MDH, Mullaley ME, Cuconato AL, Drake CDJ, Behm DG, Button DC. An acute bout of self-myofascial release increases range of motion without a subsequent decrease in muscle activation or force. J Strength Cond Res 2013; 27: 812-821

Macdonald GZ, Button DC, Drinkwater EJ, Behm DG. Foam rolling as a recovery tool after an intense bout of physical activity. Med Sci Sports Exerc. 2014;46(1):131-142.

Pearcey GE, Bradbury-Squires DJ, Kawamoto JE, Drinkwater EJ, Behm DG, Button DC. Foam rolling for delayed-onset muscle soreness and recovery of dynamic performance measures. J Athl Train. 2015;50(1):5-13.

Schleip R, Jäger H, Klingler W. What is "fascia"? A review of different nomenclatures. J Bodyw Mov Ther 2012; 16: 496-502